„Ich betrete die Brücke in dem Moment, in dem ich sie entwerfe. “
–Stefano Bollani
JAZZ
Linoldrucke zu Jazz-Klassikern
- Blue Train | John Coltrane
- One hand, one heart | Tuck & Patti
- In a sentimental Mood | Sarah Vaughan
- Louise, Lionel Hampton und Sten Getz
- Blue Thoughts, Chet Baker
- Cantaloupe Island, Herbie Hancock
- Social Call, Benny Benack III, Veronica Swift
- Three to Get Ready, Dave Brubeck Quartet
John Coltrane
„Ich denke da nicht an 1-2-3-4, ich denke an rhythmische Spannungen innerhalb von Abläufen.“
– Albert Mangelsdorf über den Swing im Freejazz
Vom Hören
Beim Hören entstehen Bilder im Kopf
- Die Drucke aus der Jazz-Reihe zeigen meine Auseinandersetzung mit einigen Klassikern, die mir Anfang 2024 nach einem Aufruf auf Instagram empfohlen wurden. Für mich die ersten ernsthaften Schritte in ein Musikgenre, das ich bisher nur live gerne gehört habe.
- Auf verschiedenen Ebenen habe ich mich mit den zugesandten Stücken auseinandergesetzt. Natürlich hauptsächlich hörend – stundenlang nur hörend. Oft entstanden dabei erste Zeichnungen. Manchmal war ich genervt von allzu freien Improvisationen und immer wieder überrascht von Rhythmuswechseln, der Kommunikation zwischen den Musikern und der Lebendigkeit der Themen. Und jeder Tag beschenkte mich mit einem neuen Ohrwurm.
Zum Bild
Aus Skizzen werden Drucke
- Dass soziale Nähe durch räumliche Nähe gefördert wird, kenne ich aus der Stadtpsychologie. Diese Erkenntnis lässt sich durchaus auf Bildung im Bereich Musik übertragen. Intensives Hören von ungewohnter, vielleicht sogar sperriger Musik führt bei mir zu Nähe. Viele der Melodien sind heute vertraut, ich erkenne immer häufiger Muster und kann mich gut auf neue Hörerlebnisse einlassen.
- Es gab Stücke, die ich auch nach dem xten Mal Hören nicht mochte. Vertraut heißt ja nicht verliebt. Aber häufig entstanden beim lockeren Skizzieren nach und nach konkrete Formen, Geschichten in meinem Kopf und einige Male eine konkrete grafische Idee, die ich anschließend zu einer Vorlage für einen Druck ausgearbeitet habe.
Blue Train
John Coltrane
- „Since then, ‚Blue Train‘ has become my go-to track when I need to refocus, find inspiration, or simply lose myself in the beauty of music. Its universal themes and captivating melodies act as a timeless reminder of the power of art to touch our hearts and souls.“
- Das sagt Preston Graham bei oldtimemusic.com über dieses schöne Stück und ich kann das nachempfinden. Diese Musik höre ich jederzeit gerne wieder und bin gespannt, ob ich sie einmal live erleben werde. Diesen Klassiker haben sicher viele Musiker im Repertoire.
- Bis der Entwurf druckreif war, hat es eine Weile gedauert. Zu Beginn habe ich an mehreren Stücken zeitgleich gearbeite und hatte mir den Prozess zügiger vorgestellt. Dabei hat es immer etwas gedauert, bis sich eine konkrete Idee für einen Druck zum jeweiligen Stück herauskristallisiert hat.
One hand, one heart
Tuck & Patti
- Der zweite Druck aus meiner Jazz-Reihe: Hände, himmelstrebende Bewegung, Verbindungen über alle Trennungen hinweg und für den, der genau hinsieht Herzenslinien.
- Das Lied – eine Hymne an die Liebe – stammt aus dem Musical Westside Story. Es wird dort von Maria und Tony gesungen und spiegelt die tiefe Verbundenheit und ihre Liebe zueinander wider. Genau dieses innige Versprechen finde ich bei Tuck & Patti, die ich live in Frankfurt erlebt habe. Immer wieder bin ich beeindruckt und berührt vom musikalischen und partnerschaftlichen Miteinander diese Paares: zart und stark zugleich, eng und sich gegenseitig in den eigenen Wünschen und Träumen fördernd, musikalisch die perfekte Ergänzung. Pattis warme Stimme verschmilzt mit Tucks virtuosem Gitarrenspiel.
- Im Musical steht das Bild der sich verbindenden Hände und Herzen für den Zusammenhalt wider alle Hindernisse. Überwindung von Vorurteilen, harmonisches Zusammenleben, Werte wie Mitgefühl, Gemeinschaft, Menschlichkeit und alles umfassend: Liebe.
Louise
Lionel Hampton, John Getz
- Beim Hören der Interpretation von Hampton und Getz habe ich mir eine Louise vorgestellt, die am Ende der Bar sitzt und gedankenverloren dem Saxophon lauscht. Ein bißchen brav, städtisch und dabei natürlich. Stan spielt gewohnt brillant, Hampton kommt unbeschwert und extrovertiert daher. Ein tolles Duo voller Gegensätze!
- Allerdings ist meine Louise nicht allzu geduldig. Sie wollte mit Lionel ausgehen, der allerdings legt seine ganze Aufmerksamkeit auf sein Vibraphon und das Zusammenspiel mit Stan Getz. Deshalb sitzt Louise etwas müde vom Warten, aber keinesfalls ohne Haltung, vor der holzvertäfelten Wand und schaut nur kurz zu mir herüber.
- Der Rest lief wie meistens: Vorlage digital solange bearbeiten, bis sie mir gefällt, auf die Platte übertragen, schneiden, drucken.
- Jetzt blickt Louise immer zu mir herüber, wenn ich hinschaue.
- Im Nachhinein habe ich gelesen, dass die Louise, nach der das Stück benannt ist, eine ganz eigenen Geschichte hat. Die kennt Ihr vielleicht aus der Story. Wenn nicht, lest mal die Handlung von „Innocents of Paris“. Robin und Whiting haben dieses Lied nämlich für den 1929 erschienen Film geschrieben. Da geht es um eine dramatische Rettung, eine nicht standesgemäße Liebe und die Entscheidungen, die den Weg zwischen Herkunft und Zukunft beeinflussen. Vermeintlich brotlose Kunst spielt auch hier eine Rolle. Aber wo tut sie das nicht?
Blue Thoughts
Chet Baker
- Hierbei habe ich einfach nur zugehört und mit dem Stift in bunten Farben auf dem Tablet gespielt. Aus Trompetenklängen wurden Metallröhren, die sich ineinander verschlingen, Klappen und Noten sind zu Melodiekringel verschmolzen. Nichts scheint einem Muster zu folgen, einige Bewegungen laufen einander nach, überlagern sich und alles ist in einem Rahmen gehalten.
- Aus dem bunten Bild wurde zuerst eine drei-, dann eine zweifarbige Vorlage und am Ende ein Druck mit verlorener Platte. Dieses Motiv werde ich also nicht nachdrucken können.
Cantaloupe Island
Herbie Hancock
- Kritische Stimmen sagen, dieses Stück sei ein absichtlich leicht verdauliches Jazzstück, das dem ungeübten Publikum die darauf folgenden Veröffentlichungen schmackhaft machen sollte. Eine geschickte Werbeaktion für den Jazz. Nice and easy, unaufdringlich empfand ich diese Musik beim Hören; ich war ja auch schon ein wenig vertraut mit diesem Jazz-Klassiker, der gerne in Filmen und Werbung verwendet wurde.
- Beim Skizzieren blieb ich schnell an den Melodien der Trompete hängen. Und so geht es in diesem Druck gar nicht um das ganze Stück und auch nicht um die anderen Musiker, die die Stücke für das Album „Empyrean Island“ eingespielt haben. Ich habe Freddie Hubbard gehört und den Funk, der diese Musik durchzieht.
Three to get ready
Dave Brubeck
- Musikalisch ist das mein Favorit aus der kleinen Jazzreihe. Das lasse ich mal genau so stehen…
Linoldruck
ölbasierte, schwarze Linoldruckfarbe
Motiv 21 cm x 21 cm auf DIN A3 Linoldruckpapier