
RADIOTELESKOP EFFELSBERG
Linoldruck

Seit Dezember 2024 kreisen meine Gedanken um das Radioteleskop Effelsberg. Ich recherchiere zu Themen rund um die Baukonstruktion dieses beeindruckenden Bauwerks, lese Texte zur Radioastronomie, über die Verarbeitung der erfassten Signale und spreche mit Menschen, die auf unterschiedliche Art mit dem Teleskop in Verbindung stehen.
Sehr spannend und lehrreich war ein Besuch im Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Ein sehr freundlicher Mensch hat mir einen wunderbaren Nachmittag geschenkt und Einblicke in die Arbeit des Instituts gewährt. Beeindruckt war ich auch von der Arbeit einer Masterstudentin, deren Kolloquium ich beiwohnen durfte.
Wie bei allen meinen Serien erstelle ich mir eine Playlist mit Musik, die mich während der Arbeit an den Zeichnungen und Bildern begleitet. Eine Playlist findet sich bei Spotify: „Radioteleskop Effelsberg“.
Rund um das Projekt suche ich nach Literatur und lasse mich durch die vielfältigen Impulse zu Entwürfen inspirieren. Einige Drucke sind unmittelbar in Verbindung zu Gedichten, Musikstücken oder Gesprächserinnerungen entstanden.

Im Februar 2025 war ich dann in Effelsberg zu Besuch und durfte auch dort Menschen kennenlernen, die mit Begeisterung am Radioteleskop arbeiten.



Ich konnte die spannende Konstruktion aus nächster Nähe sehen, viel erfahren über Radiowellen, Empfänger, die Wartung der Schüssel und die Verarbeitung der empfangenen Signale.

Die Skizzenbücher sind voll, mein Handy speichert unzählige Links, Fotos und Papers. Einiges davon wird zum konkreteren Entwurf, ein paar der Ideen arbeite ich als Vorlagen für Linoldrucke aus und Manches wirkt im Stillen nach.

Effelsberg No. 1

Effelsberg No. 2

Effelsberg No. 3

Effelsberg No. 4


Gleichzeitigkeit

Von wegen gradlinig
Signale aus dem Weltraum, die Frage nach Entfernungen, dem unvorstellbaren zeitlichen Versatz von Ereignissen und dem Zeitpunkt der Beobachtung – all das ist in diesen Entwurf eingegangen.
Wer sich auf den Spaziergang durch die Literatur macht, die sich mit dem Thema Gleichzeitigkeit nicht nur vom rein physikalischen Standpunkt befasst, findet Bücher und Gedichte von Hermann Hesse, Thomas Mann und Marcel Proust, sieht Filme wie „Interstellar“ und „Your Name“, recherchiert weiter und landet am Ende wieder bei der Physik: bei der Darstellung von Zeit und Gravitation und sich krümmendem Raum.
Spin

Big Bang
Der Druck könnte auch Singularität oder Ereignishorizont heißen. Die ersten Ideen dazu entstanden bei Recherchen: Wie stelle ich mir ein schwarzes Loch vor? Und wie immer bringt jede Frage weitere Fragen mit sich: Was bedeutet es, dass die „Krümmung der Raumzeit divergiert“? Was ist das Unbeobachtbare? Wie sieht ein Längsschnitt durch die Aggregationsscheibe aus?
Entstanden ist ein Strudel; zuerst in Skizzen, dann auch als Entwurf und durch die vielen wissenschaftlichen Artikel voller Formeln und dem Versuch, Unvorstellbares zu erfassen, auch in meinem Kopf.
Da stand der Titel des Drucks fest: Spin!
Pulsare

Pulsare
Pulsar ist ein Kunstwort, das aus puls(ating st)ar extrahiert wurde. Unter einem Pulsar versteht man einen schnell rotierenden, stark magnetisierten Neutronenstern.
Pulsare bestehen zu annähernd 90% aus Neutronen und besitzen eine etwa dem eineinhalbfachen der Sonnenmasse entsprechende, aber auf einen Radius von nur wenigen Kilometern komprimierte Masse.
Die Strahlung bewegt sich durch den Raum und wird zum Beispiel mit der LOFAR-Station und mit dem Radioteleskop in Effelsberg beobachtet.
Chondren

Sternenstaub
Dieser Linoldruck ist inspiriert von mikroskopischen Strukturen in Meteoriten: den Chondren. Diese winzigen Kügelchen entstanden vor über 4,5 Milliarden Jahren aus Sternenstaub und haben wahrscheinlich eine Schlüsselrolle bei der Planetenentstehung gespielt.
Auf Instagram haben mir Follower geschrieben, die Strukturen erinnerten sie an ein Wespennest, den Golgi-Apparat, Blütenkelche, Moosflechten oder Sporen. Man könnte auch eine Bewegung vieler Teile in einen weiteren Raum darin sehen.
Meine Inspirationsquelle war: Gerrit Budde, Thorsten Kleine, Thomas S. Kruijer, Christoph Burkhardt, Knut Metzler (2016): Tungsten isotopic constraints on the age and origin of chondrules. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America; Early Edition;DOI: 10.1073/pnas.1524980113
Signale

Glasperlenspiel
Musik des Weltalls und Musik der Meister
Sind wir bereit in Ehrfurcht anzuhören,
Zu reiner Feier die verehrten Geister
Begnadeter Zeiten zu beschwören.
Wir lassen vom Geheimnis uns erheben
Der magischen Formelschrift, in deren Bann
Das Uferlose, Stürmende, das Leben
Zu klaren Gleichnissen gerann.
Sternbildern gleich ertönen sie kristallen,
In ihrem Dienst ward unserm Leben Sinn,
Und keiner kann aus ihren Kreisen fallen
Als nach der heiligen Mitte hin.
Hermann Hesse
Aleatorik

Aleatorik
Gewürfelt, zufällig oder kalkuliert und nach Plan?
Gedanken über Zufälle in der Physik und in der Entstehung der Galaxien haben mich während des Entwurf begleitet. Was ist Chaos, was ist Kalkül? Was ist dran an dem Satz: Es gibt keinen Zufall, nur einen Vorfall, der es auf etwas abgesehen hat.
Ist der, der einen Stein in einen See wirft, der Erschaffer des Interferenzmusters oder der Verursacher? Wodurch entsteht Ordnung und was zieht in die Mitte?
Während des Schneidens der Linolplatte spülte mir „Everything In Its Right Place“ von Radiohead in die Playlist. Ja, so wird es wohl sein.
Homologie

Statik für Fortgeschrittene
Die Bewunderung für die Konstruktion des Teleskopes und die Faszination für die empfangenen Signale haben mich zu diesem Druck geführt. Der Titel erklärt sich für alle, die das Projekt Anfang 2025 mitverfolgt haben, von selbst: Homologie.
Wer mag, kann bei Wikipedia nachlesen: „Die technischen Schwierigkeiten, ein Radioteleskop mit 100 m Durchmesser zu fertigen, rühren von der ständigen Verformung des Spiegels (durch wechselnde Windlasten, durch Temperaturänderungen oder durch die Schwerkraft beim Bewegen und Kippen) her, die die Konstruktionsstruktur der Parabolspiegel stört. In der Radioastronomie sind aber die geometrischen Eigenschaften solcher Spiegel ganz besonders interessant, weil die achsenparallel aufgefangenen Wellen alle in gleicher Phasenlage zum Brennpunkt reflektiert werden und damit maximale Verstärkung ermöglichen. Das Bauteam hat dafür die Konstruktionsweise der Homologie entwickelt und mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode die Konstruktion so berechnet, dass die in jeder Spiegelstellung und bei jeder Nachführbewegung eintretenden Verformungen des Spiegels wieder Paraboleigenschaften ergeben, so dass jeweils nur der Empfänger wenige cm in den neuen Brennpunkt nachgefahren werden muss. Nach Fertigstellung des Radioteleskops konnte durch Messungen gezeigt werden, dass die ursprünglich angestrebte Toleranz des Spiegels von 1 mm deutlich unterschritten werden konnte. Derzeit (2012) beträgt die mittlere Abweichung vom idealen Paraboloiden weniger als 0,6 mm.“
Und dann weiterlesen! Sucht nach Homologie, Effelsberg, alten Konstruktionsplänen. Findet Peter and Paul, einen Regenschirm, Zeichnungen und Messergebnisse von Verformungen einer Parabolschüssel bei unterschiedlichen Auflagern und staunt über diese ingenieurstechnische Meisterleitung in Effelsberg. Meine Hommage an das wunderschöne Bauwerk und die faszinierenden Möglichkeiten, Signale aus dem Weltraum zu bündeln, zu empfangen, weiterzuleiten und auszuwerten ist dieser Druck.